Baron Wilhelm Stosch (auch: Heinrich Wilhelm (von) Muzell-Stosch, 1723-1782)
Bildquelle: Ölgemälde von Anna Dorothea Therbusch (Ausschnitt). Nach einer Reproduktion aus der Privatsammlung Dr. Eckehard A. Hilf
Der großgewachsene Neffe des in Florenz und Rom tätigen gelehrten Kunstsammlers und –kenners Baron Philipp von Stosch (1691-1757) soll sich der Familienüberlieferung zufolge der drohenden Rekrutierung in
das Königsregiment der "Langen Kerls" durch die Flucht nach Italien entzogen haben. Dieses war jedoch bereits seit sechszehn Jahren aufgelöst, als er 1756 nach Florenz zu zog. Er schloß sich dort seinem Onkel an, der ein Jahr später starb und ihm seine Sammlung vermachte. Muzell-Stosch befreundete sich in Italien mit Winckelmann, der 1760 einen Teil der Kunstsammlung seines Onkels katalogisiert hatte - der letzte Brief des Archäologen vor seiner Ermordung in Triest war an ihn gerichtet. Um 1764 verkaufte er den Großteil der Sammlung für 30.000 Reichtaler und eine Leibrente von 400 Reichstalern an Friedrich II. Denina (III,92f unter "Muezel ou Muzelius") bescheinigt Stosch - er lebte, vom Preußenkönig in den Adelsstand erhoben, als Baron von Stosch "en rentier et gentilhomme lettré" und war nie verheiratet - ein recht freizügiges Leben (esprit de libertinage). Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er Königlicher Hofrat und Aufseher der Königlichen Kunst-, Antiquitäten- und Medaillenkabinette, Bibliothekar und Professor an der neuen Ritterakademie zu Berlin, in deren Haus er auch wohnte.
D’Argens reiste 1766 mit Stosch von Lyon nach Berlin, wie er Friedrich II. am 20. März 1766 aus Éguilles mitteilte: "Je ferai depuis Lyon jusqu'à Berlin mon voyage avec M. Stosch, qui vous a vendu, à ce qu'il m'a dit, un magnifique cabinet de tableaux et de raretés. Il est venu me voir ici, à Éguilles, trois fois, et il m'attend à Lyon, où il avait quelques affaires qui l'obligeaient de s'arrêter dans cette ville." Von Lehndorff berichtet in seinem Tagebuch etwas ausführlicher über den Kunstsammler: "Prinz Heinrich macht mit einem Herrn von Stosch Bekanntschaft, der lange in Italien gelebt hat und auf seinen langen Reisen viel gelernt und gesehen hat. Dieser Mann hat auf recht abenteuerliche Weise sein Glück gemacht: Er ist ein geborener Muzelius aus Berlin, war in das damalige Regiment Hacke eingetreten in der Hoffnung, bald Offizier zu werden, und als ihm das nicht gelang, verließ er das Land und trat in französische Dienste. Er erfuhr dann, daß er in Florenz einen Onkel mütterlicherseits habe, der ein berühmter Altertumssammler war und in guten Verhältnissen lebte. Er machte ihm einen Besuch, der Mann fand Gefallen an ihm, adoptierte ihn, ließ ihn seinen Namen von Stosch annehmen, schickte ihn dann nach England, Italien und der Türkei auf Reisen und vermachte ihm bei seinem Tode sein ganzes Vermögen. Er hat kürzlich dem König für 30 000 Taler eine Altertums-Sammlung verkauft, die 100 000 wert ist, und lebt hier sehr glücklich, da er von niemandem abhängt.”
(Tagebücher des Reichsgrafen Ernst Ahasverus Heinrich von Lehndorff, Nachtrag II, Gotha: Perthes, 1913, S. 41-42). |
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