Artikel "Argens", in: Nöthige Supplemente zu dem Großen Vollständigen Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste [=Zedlers Universal-Lexikon], Vierter Band, Leipzig 1754, Sp. 420-421:
Boyer (Johann Baptist von), Marquis von Argens, Königl. Preußischer wirklicher Kammerherr, und Director der philologischen Classe bey der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ist zu Aix in Provence aus einem adelichen, und in seiner Provinz ansehnlichen Hause gebohren, Er war der älteste unter fünf Söhnen seines Vaters, der ihn von Kindheit an zur Rechtsgelahrheit bestimmet, gleichwie er drey andere dem Kriege, und den jüngsten der Kirche gewidmet hatte, deren jene Maltheser-Ritter und dieser ein Abt worden. Der Stand, in den also unser Marquis von Argens treten sollte, kam ihm entsetzlich für, und hatte dagegen das lustige Leben eines Officiers für ihn weit anzügchere Reitzungen, als die ängstliche Bemühung, eines andern Processe zu besorgen und beyzulegen. Er entdeckte dieses zum öftern seinem Vater, welcher sich endlich durch sein Anhalten mehr emüden als überzeugen ließ, und ihn bey dem Toulousischen Regimente, bei einem seiner Anverwandten unterbrachte, als er über 14 bis 15 Jahre nicht alt war. Nach zwey Jahren verlangte ihn sein Vater zu sehen, und er begab sich also von Straßburg nach Aix. Daselbst veranlassete ihn eine sonderbare Begebenheit, heimlich nach Spanien zu gehen. Jedoch er mußte wieder nach Frankreich kommen, von da er mit dem Gesandten bey der Pforte nach Constantinopel gieng. Nach seiner Zurückkunft mußte er einen Stand annehmen, der er bisher zu vermeiden gesuchet hatte. Die gegenwärtige Beschaffenheit seiner Umstände nöthigte ihn, seine Familie zu schonen. Er wurde Advocat, und kurz darauf kaufte ihm sein Vater eine Würde, den Dienst zu erlangen, dessen er nöthig hatte, einmal Parlements-General-Procurator zu werden. Was seinen Vater veranlasset hatte, ihn der Rechtsgelahrheit zu widmen, war das Verlangen, in seiner Familie das Amt zu erhalten, damit er bekleidet war. Er fieng auch an, sich gänzlich auf das Studiren zu legen, und vor Gerichte mit Beyfall vorzutreten. In denen Freystunden legte er sich zu seinem Vergnügen zugleich auf die Musick und das Mahlen, welches Vergnügen ihn so sehr einnahm, daß er, um sich darinnen vollkommener zu machen, einigemahl nach Italien reisete, und sich besonders in Rom drey Monate aufhielt. Die Schriften, so aus seiner Feder geflossen, sind 1) Memoires de Mr. le Marquis d'Argens, avec quelques Lettres sur divers sujets, London 1735 in 12. S. Leipz. Gel. Zeit. der Beytr. B. III. Man hat eine deutsche Uebersetzung davon unter dem Titel: Merkwürdige Lebensbeschreibung des Herrn Marquis von Argens, nebst dessen Briefen über verschiedene Materien, Franckf. und Leipz. 1749 in 8. 2) La philosophie du bon sens, ou reflexions philosophiques sur l'incertitude des connoissances humaines à l'usage des Cavaliers & du beau sexe, London 1736 in 12. S. Leipz. Gel. Zeit. 1737, und Deutsche Acta Erud.225 Th. 3) Lettres morales et critiques sur les différens Etats & les diverses occupations des hommes, Amsterdam 1737 in 8. S. Leipz. Gel. Zeit. 1738, und Neue Acta Erudit. T. IV. 4) Reflexions politiques sur l'etat & les devoirs des Chevaliers de Malte [fälschlicherweise d'Argens zugeschrieben; das Werk stammt von seinem Bruder Luc de Boyer d' Argens, H.U.S ], Haag 1739. S. Leipz. Gel. Zeit. 1739. 5) Lettres juives & Caballistiques. 6) Der philosophische Seefahrer oder Reisen des Ritters von Meilcourt, Berlin 1740 in 8, und Göttingen 1744 in 8.
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