Johann Georg Krünitz (1728-1796)
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Der unermüdliche Übersetzer und Herausgeber und Hauptredakteur der von 1773 bis 1858 in 242 Bänden erschienen Technologisch-Ökonomischen Enzykopädie (deren digitale Version an der Universitätsbibliothek Trier realisiert wurde – vgl. http://www.kruenitz.uni-trier.de/), hatte sich vorübergehend an der Übersetzung der Lettres juives ins Deutsche beteiligt, diese Aufgabe aber – vermutlich aus Gründen der Arbeitsüberlastung – mit dem zweiten Band fallen lassen. Der Rest des Werks wurde den Angaben von Julius Fürst (Bibliotheca Judaica : Bibliographisches Handbuch der gesammten jüdischen Literatur mit Einschluss der Schriften über Juden und Judenthum und einer Geschichte der jüdischen Bibliographie nach alfabetischer Ordnung der Verfasser, Bd. 1, Leizig 1849, S. 50) zufolge von dem als Schriftsteller und Journalist tätigen Pfarrer Johann Samuel Patzke (1727-1787) übersetzt. Eine erste deutsche Übersetzung hatte Johann Friedrich Kopp 1739 in Angriff genommen, anscheinend aber nie über die ersten Briefe hinaus weitergeführt.
Im 24. Band seiner Enzyklopädie erinnert Krünitz sich (beim Stichwort 'Hof=Bedienung') an seine Lektüre der Lettres juives:
"Der Marquis von Argens,welcher zwar nicht allemahl gründlich,
aber doch beständig munter denkt, und seine Gedanken auf eine angenehme
Art vorträgt, hat hiervon in seinen jüdischen Briefen
gleichfalls gehandelt. Er sagt unter andern: 'Wenn man mir
vorschlüge, in den allereinsamsten und entferntesten Wäldern zu leben,
oder meine Tage bey den Prinzen zuzubringen: so wollte ich lieber wilde
Thiere, als Hofleute, zu meinen Gesellschaftern erwählen. Ich würde
wenigstens mitten in den Wäldern ohne Zwang leben können. Ich dürfte nicht
befürchten, daß mich ein Bär, um den Befehl über meine Hütte zu erlangen,
bey dem Löwen anklagen würde, ich hätte zu wenig Ehrfurcht vor ihm gehabt.
Ein Hirsch, nachdem er das Gras meines Gartens abgeweidet, und
solchergestalt von meinem Grase schmarotzet hätte, würde doch nicht
hingehen, auf eine niederträchtige Art meine Lebensart in übeln Ruf zu
bringen, mein Unternehmen zu tadeln, und über meine unschuldige Handlungen
sein verdammtes Gift auszustreuen. Wie viel gibt es nicht Leute bey Hofe,
die alle Tage bey denjenigen speisen, von denen sie übel reden, wenn sie
nach der Tafel aufstehen, und dieses in der Absicht, andern zu gefallen,
die sie bey der ersten Gelegenheit eben also verleumden! Die Verleumdung
ist bey Hofe dasjenige, was die Ausdehnung bey der Materie ist. Sie macht
das Wesen davon aus. Wer S.143| S.144 einen Hofmann nennt, der nennt einen
Menschen, der allezeit fertig ist, alle diejenigen zu verleumden, die bey
dem Fürsten in Gnade stehen Seine Lobeserhebungen sind so gar
Schimpfreden; und wenn er von ungefähr jemand lobet, so ist dieses Lob
ganz gewiß eine Stichel=Rede auf einen andern. Der größte Vortheil, den
ich finden würde, indem ich die Wälder dem Hofe vorzöge, würde darin
bestehen, daß ich nicht genöthigt seyn würde, alle Augenblicke zu
erröthen. wenn ich die Thorheiten, die Narrheiten, die Ungerechtigkeiten,
die schlechten Streiche, die man jemand spielet, und die
Grausamkeiten billigen müßte, die ich sonst von ganzem Herzen verdamme Wer
ist derjenige, dem die Wahrheit so wenig lieb seyn kann, daß er sich
diesen Niederträchtigkeiten zu unterwerfen getrauet? Unterdessen sind es
doch eben diese Dinge, wodurch die Hofleute zu ihrem Zweck gelangen Ein
Philosoph wird nicht weise und klug, als durch Hülfe des Nachsinnens und
Studierens. Ein Mensch, der sich dem Hofe ergeben hat, wird niemahls groß,
als durch Hülfe der Verstellung, der Schmeicheley, der Lügen, der Untreue
und der Schwärze der Seele. Was für Eigenschaften und was für
Beschäftigungen für diejenigen, die noch einigen Gebrauch von ihrer
Vernunft und Billigkeit zu machen suchen! von was für Gewissensbissen
müssen sie nicht gemartert werden!'
Dieses sind die Gedanken des Marquis
d'Argens von diesem Gegenstande. Allein, ungeachtet er hier
wider die Begierde nach den Ehrenstellen der Höfe mit großer Heftigkeit
redet, so hat er doch in der Folge nicht die Wälder dem Hofe vorgezogen.
Wenigstens, wenn er hier Wahrheiten vorgetragen hat, hat er uns ein
schlechtes Beyspiel der Befolgung und der Standhaftigkeit gegeben, es sey
denn, daß der Monarch, bey dem er sich befand, mit Recht als eine Ausnahme
von allen hier geäußerten Sätzen anzusehen ist. Dem sey aber wie ihm
wolle, wir wollen selbst hierüber unsere Betrachtungen unparteyisch
anstellen."
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