Compte-rendu des Mémoires secrets de la république des lettres (1737), dans : Neue Zeitungen von gelehrten Sachen N° 56 du 15 juillet 1737, p. 489-492.
Amsterdam
Bey Jac. Desbordes sind heraus gekommen, Mémoires secrets de la république des lettres, ou le théâtre de la vérité, par l'Auteur des Lettres Juives. 12. 7 Bog. Der Verfasser glaubet, daß eine Reformation in dem gelehrten reiche nicht unnütze, ja vielmehr nothwendig sey, welche dadurch befördert werden könnte, wenn man von den Schriften der größten gelehrten ein freyes Urtheil fällete, welches in den gelehrten Tagebüchern vieler Ursachen wegen nicht geschähe. Man sollte hiernächst die Leute von den Vorurtheilen dadurch frey machen, daß man ihnen die Wiedersprechungen der größten Scribenten vorlegete, den rechten Charakter derselben abschilderte, die verborgensten Geheimnisse der Litteratur aufdeckete, und Dinge an den Tag brächte, die grossen Theiles deswegen hochgeachtet würden, weil sie mit einer gewissen 489|490 Decke umgeben sind. Wie dieses ohngefähr anzufangen sey, will der Verfasser in denen Betrachtungen zeigen, womit er dieses Stücke anfüllet, dessen Fortsetzung er monatlich verspricht. Er thut demnach dar, daß man aus den unterschiedenen und mit einander streitenden Meynungen der Gelehrten leichtlich lernen könne, daß in ihren Schriften viele Irrthümer zu finden seyn müsten: Wie ist nicht die Aristotelische Philosophie bald erhoben, bald unterdrücket und verfolget worden? Und noch darzu von einerley Religionsverwandten? Der Streit wegen des Vorzuges der Alten u. Neuen, und viele andere beweisen es auch zur genüge. Hierauf führet der Verfasser viele Exempel an von Gelehrten, die vor ihre Meynungen gar zu sehr eingenommen gewesen, und darüber so blind worden sind, daß sie selbst schreiben, was sie an andern tadeln, und sich von ihren Affecten hinreißen lassen. So hat Jurieu , bloß Baylens Ruhm zu schwächen, Socinum hoch erhoben. So hat Becanus behauptet, es sey besser ein Atheiste, als ein Calviniste zu seyn. Daher sind sie in ihrer Rumsucht unersättlich. Von den Spaltungen unter den Gelehrten zeugen die Bemühungen der Sorbonne, die Jesuiten in Frankreich nicht aufkommen zu lassen, Despreaux unhöfliche Hefftigkeit wieder den Perrault u.s.w. Die groben und ehrenrührigen Zänkereyen des Rousseau und Voltaire , dabey sich beyde Theile so vergessen, daß sie einander öfters nicht einmal auf der seite angreifen, wo der Gegentheil am schwächsten ist, werden von dem Verfasser sehr 490|491 nachdrücklich beurtheilet. La Mothe , u. des Fontaines zeigen sich hier auch in ihrer Schwachheit. Rollin u. Gibert , der Bischof von Montpellier und Sens werden hier als Exempel heftiger und ausschweifender Streiter aufgestellet, und Bossuets Neid und Eifersucht, nebst Clercs Haß gegen Boileau und Bayle nicht verschwiegen. Von den lächerlichenund abgeschmackten meynungen, welche grosse Gelehrten zuweilen behautet haben, hat man auch einige Proben hier zu lesen. Wohin der Auctor Hostii Meynung von dem güldenen Zahne eines Kindes, der den Christen zur Aufmunterung im Türkenkrieg dienen sollte, die von den immerbrennenden Lampen in den Gräbern etc. rechnet. Er spottet darneben über des Jesuiten Ferrandi Aniciensis Traum von Vervielfältigung der Reliquien durch ein Wunderwerk, über Bouilliers Meynung, daß die Thiere eine geistige Seele haben, über des Colonne Seele und Empfindung, die er den Pflanzen zuschreibet. Man wird an den gelehrten zuweilen so viele Arglist und Verstellung, ja so vielen Eifer vor Meynungen, deren Schwäche sie selbst gar wohl einsehen, gewahr, dabey sie öfters die wichtigsten Dinge zum Deckmantel brauchen, daß man ein gerechtes Misstrauen in sie setzen muß. Des Bischofes von Montpellier und Auxerre Eifer wieder des P. Courayer Übersetzung des Fra Paolo Historie des Tridentinischen Concilii , dienen unter anderm zum Beweise des Satzes. Endlich gedenket der Auctor der Verläumdungen, die einige Gelehrte wieder ihre Gegner ausgestossen haben. Dergleichen Misbräuche sollten vor einem gelehrten Richterstuhle abgeschaffet, oder doch zum wenigsten andern zur Warnung bekannt gemachet werden. Hiernächst sollte aber auch das Gute in alten und neuen Schriften fleißig und ordentlich gesammlet werden. In den folgenden Briefen, denn in solcher Schreibart sind diese Memoires abgefasset, will der Auctor sich der Methode bedienen, die, wenn es nach seinem Wunsche gienge, die zuvor beschriebenen gelehrten Richter annehmen sollten. Doch will er die ernsthaften Dinge 491|492 auch mit lustigen Einfällen abwechseln. Die Schreibart ist frey und aufgeweckt, und wir stellen dahin, ob man aus der Durchlesung dieser Blätter mehr Nutzen als vergnügen haben werde. In Leipzig ist dieses Werkchen bey Arkstée und Merkus zu haben. |