Compte rendu
du 12ième au 14ième volume de l'Histoire de l'esprit humain, in: Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen, 87ième morceau du 22 juillet 1769, p. 777-780:
Berlin.
Herr Jean Baptiste Boyer Marquis d' Argens hat Ao. 1768 bey Haude und Spener in drey Duodezbänden seine histoire de l' Esprit humain ou Memoires Secrets & universel de la Republique des letres abdrucken lassen. Der vierzehnte Band ist ein blosses Register. Der zwölfte gehört mehrentheils wiederum zur Geschichte und Beurtheilung französischer Schriftsteller; denn von andern Nationen ist hier nicht die Rede, und vielleicht thut der Hr. Verfasser besser sich dahin nicht einzulassen, wo er keine Kenntniß der Sprache hat. Nur ist allerdings bey dieser Einschränkung der Titel, universel, zu weitschweifig. Wiederum kömmt hier der Hr. von Voltaire vor, den unser Hr. Marquis überhaupt vertheidigt und bewundert. Doch kan er sich nicht enthalten, Mahomets Ehre zu retten, der auch würklich vom Voltaire schwärzer abgemahlt wird, als die Geschichte es zulässt. Einen Sohn zum Meuchelmorde seines Vaters zu verführen, und ihn hernach mit Gift hinzurichten, um ein Wunderwerk vorgeben zu können, sind Thaten, die zu erdichten Mahomet keinen Anlaß gegeben hat. Die Henriade setzt er neben den Virgil: aber weder die Sprache, noch auch des Hrn. von V. mahlerische Kräfte lassen es zu, im Colorite beyder Dichter einige Aehnlichkeit zu finden; sie ist auch unmöglich, da eine falsche Zärtlichkeit die Franzosen ausser Stand gesetzt hat, dichterische Gemählde der Natur nach zu schildern. Indessen eifert Hr. B. so gar für die letzten Gedichte des alten Hrn. von Ferney, und setzt blos an ihm die grosse Unruh aus, die er bey jedem kleinen Tadel bezeugt. Auf den Voltaire folgen in unserm episodischen Schriftsteller die angebohrnen Begriffe, und die Seele der Thiere, und eine scharfe Kritik des jüngern der Religion allzuergebenen Racine, der allerdings alle historische Wahrheit beyseite gesetzt hat, wenn er den Protestanten die in Frankreich und Deutschland verübten Grausamkeiten in den Religionskriegen vorrückt. Auf den Racine kömmt der Königliche Dichter von Sans Soucy: dann der zärtliche und wollüstige Bernis; einige französische Redner, worunter Bossuets Unbilligkeit gegen den vortrefflichen Verfasser des Telemachs, und gegen das Werk selber geahndet wird. Ferner eine Schutzschrift wider den Hrn. Linguet, einen sehr freyen Schriftsteller, dessen Zuversichtlichkeit bey seinen Paradoxen wir schon angezeigt haben. Dieser Mann geht mit Leibnitzen, dem Hrn. von Montesquieu, dem Grotius, und andern grossen Männern um, als wenn er der grosse Mann wäre, und rühmt hingegen mit einer ehernen Stirn den Macchiavel. Auf einmahl wird Hr. B. fromm, und erkennt die göttliche Gerechtigkeit in der Bestrafung der Verfolger, zuerst der Jansenisten, und dann der Jesuiten; wider die er die bekannt gütige und protestantische Antwort des K. in P. anführt. Gleich darauf kömmt das Alterthum und der Adel seines eigenen angesehenen Hauses, und dann einige Nachrichten von den provenzalischen Troubadours, und des M. billiges Urtheil von den französischen Dichtern bis auf den Marot, gegen die Ossian, der Caledonische Barbar, mehr als ein Homer, und selbst Ragnald und die andern Scalden erhabne Dichter sind. Wir sehn indessen mit Vergnügen des Hrn. Verfassers Geständniß des heilsamen Einflusses, den der Glauben eines andern Lebens auf die Welt hat: wovon er die erste Kirche, und dann Genf zum Beweise anführt, dabey das letztere vor hundert Jahren ein gültigerer Beweiß gewesen wäre. Er verfällt wieder auf die Americaner, und hält den Hrn. le Cat für völlig ungegründet (der einen mineralischen Mohr aus Schwefel und Quecksilber ausgedacht hatte, die Schwärze der Mohren zu erklären). Er endigt mit seiner eigenen Geschichte und einem echten Verzeichniß seiner Schriften. Er rühmt den Nutzen, den er vom Umgange einiger protestantischen Geistlichen gehabt hat. Ist von 390 S.
Im dreyzehnten Bande stehn lauter Mahler, die Hr. B. fast auf Plutarchisch Paarweise aufführt, und überhaupt einem jeden Italiäner einen Franzosen entgegen setzt, dessen Verdienst er gegen des erstern Verdienst abwiegt. Hr. B. scheint ein Kenner zu seyn, selbst zu zeichnen, und des Königes in Preussen Schildereyen zum Grunde seiner Urtheile zu legen; doch so, daß er selbst Italien und dessen Meisterstücke gesehn hat. Er beklagt sich über den Neid der Italiänischen Künstler gegen die Franzosen, und über den mehrern Preiß, den man für die Arbeiten der alten Künstler bezahlt, und sagt gerade zu, Frankreich übertreffe an Künsten und Wissenschaften alle andre Nationen. Wir möchten ihn gern fragen, wo Frankreich seinen Albinus, seinen Linnäus, seinen Euler, seinen Boerhaave, seinen Leibnitz habe; ungeachtet es allerdings an seinen Academien der Künste und Wissenschaften; an der Grösse und dem Reichthum seiner Hauptstadt, und an der reichen Bezahlung, die seine Künstler vorzüglich beziehn, grosse Aufmunterungen hat. Nach einer kleinen Geschichte der Wiederherstellung der Mahlerey in Italien, kömmt Raphael, dem Hr. B. ohne Bedenken de le Sueur entgegen setzt, und in vielem vorzieht. Eben so hält er den le Brun dem Michel Angelo entgegen; aber der hohe Geist des Buonarota würde sich nicht zu Diebstälen hinuntergelassen haben, von dergleichen (die er an Pietro di Cortona begangen) le B. bekanntlich fast überwiesen ist. Auf eben diese Weise setzt er dem Giulio Romano den Freminet, dem Lucas Jordan einen Serre, dem Titian einen Blanchard, dem Veronese einen la Fosse, dem Correggio den Mignard, dem Annibal Carache den Bourdon, dem Guido den Poussin entgegen. Er rühmt überaus sehr den Pesne, und zieht ihn den meisten neuen Mahlern vor. Aber was thue hier der spöttische Brief des Voltaire an den verstorbenen Maupertuis? Gegen die Deutschen, zumahl den A. Dürer und Holbein, ist der M. ziemlich gerecht, und schreibt auch die Erfinder der Holzschnitte und Kupferstiche unsrer Nation zu. Wir finden auch seinen Eckel vor denen unedlen und pöbelhaften Vorstellungen der Flämischen Schule ziemlich gerecht, wovon er die Ursache in die Erziehung der reichen Holländer setzt, die, wie er meint, eben solche niedrige Vorwürfe lieben, weil sie ihre Jugend in eben solchen Gesellschaften zugebracht haben. Den Rubens wiegt Hr. B. gegen den le Moine, und scheint nicht völlig des erstern gegründeten Rechte zum obersten Range unter den Mahlern zu erkennen den andre Franzosen ihm zugesprochen haben. Er setzt hingegen den Vandyk in Betracht seiner verschiedenen Vorzüge auf den Thron der Mahlerkunst, und spricht sehr niedrig vom van der Werf. Dieser Band macht 520 S. aus, und der vierzehnte 210.
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