Rezension der Lettres juives , Band 1 (1736),
in: Frühaufgelesene Früchte der theologischen Sammlung , (Leipzig), 3 (1736), S. 125-128:
Lettres Juives, ou Correspondence Philosophique Historique & Critique. Tome 1ier.Amsterdam, 1736. 8. pagg. 332.
Der A. dieser Briefe stellet sich in der Vorrede an, als habe er dieselben übersetzet; man sieht aber alsobald, dass es keine Übersetzung, sondern das Original selbst. Es sind in diesem 1ten Tomo 30 Briefe enthalten, welche unter dem Nahmen eines reisenden Juden, und seiner Correspondenten zu Constantinopel, Rom und Genua geschrieben. Man findet darinnen gar wenig Kennzeichen eines jüdischen Briefes; Und vielleicht war auch des Autoris Meynung nicht einen Juden zu characterisiren , sondern nur unter dem Nahmen des Juden desto freyer zu schreiben. Der reisende Jude befindet sich in Franckreich, und sonderlich zu Paris, und von da aus schreibet er an seine Correspondenten , und erhält von denselben hinwiederum Briefe. Die Absicht des Autoris ist, sich als einen Philosophe aufzuführen, welcher das üble Leben der Hoffleute, particulier Persohnen, und sonderlich der Römischen Geistlichkeit, critisiret . Auf die letzte komt er gar oft, und divertiret sich mit alten und neuen Historien der Römischen Clerisey, deren Heucheley, und heimliche Buhlerstreiche, wie auch andere excesse er mit frischen Exempeln erleutert. Er exagitiret das Fegfeuer, Processionen, Weyh-Wasser und 125|126 andere dergleichen üble praxes im Papstthum. So hat auch der Scribente eine gute Käntniß von Ländern und den Gewohnheiten der Völcker, als z.E. der Türcken etc. Zeiget auch einsten seine Belesenheit in den Rabbinen. Im 26sten Brieff rühmet er Lutherum und Calvinum sehr, nennet sie Hommes illustres, qui vangerent le Bon Sens opprimé ; nennet sie Restauratores der Wissenschaften, und vindiciret sie wieder ihre Feinde, welche sie als Stöhrer der gemeinen Ruhe fälschlich angeklaget. Auch gibt er öffters gute Moralische- wie auch Staats-Lehren, welche sich auf gute Maximen gründen. So weiß er auch die Hofleute gut abzumahlen, und die Frantzösischen Petits-Maitres lächerlich vorzustellen. Scheinet aber eine dosin vom Indifferentismo zu haben; Vielleicht aber macht es, weil er als ein Jude schreibt. Überhaupt scheinet es, dass der Autor ein Frantzösischer Janseniste , oder ein guter Freund derselben, unter den Frantzösischen Refugiés in Holand, sey, welcher sich an den Jesuiten in Franckereich, wegen ihrer burlesquen , so sie wieder die Jansenisten geschrieben rächen will. Dieses ist sonderlich aus nachfolgenden, am Ende des Buchs, angehängten Poesien abzunehmen:
STANCES.
Sur un portrait de JESUS-Christ habillé en Jésuite.
Ils ont volé mon Nom, & rejetté l'Esprit,
Persecuté les miens par leur jalouse Rage, 126|127
Renversé mon Eglise, & pour comble d'outrage,
Ils *mon couvert de leur Habit.
*Ist wohl verdruckt, und muß heissen : m'ont couvert. Si Jesus Christ resuscité
Sous cet Habit eut pû paroitre,
Thomas avec raison eut méconnu son Maître,
Et nous célébrerions son incrédulité. Voyez jusqu'où va la Malice
De ces Pères industrieux :
Ils ont habillé Dieu comme eux,
Afin que chacun le haïsse. * * *
Sur le départ des Advocats éxilez.
Sur les Ailes de la Victoire,
Partez, Citoyens généreux :
Vos Tirans, confondus, honteux,
Ne terniront plus votre Gloire. Aisni dans la Grece autrefois
L'on vit une ingrate Patrie
Immoler à la jalousie
Les vrais Deffenseurs de ses Loix. Quand Rome aux Attentats s'anime,
Porte ses coups contre nos Rois ;
Vous reclamez leurs justes Droits :
Votre Devoir fait votre Crime. 127|128 Fuyez cette terre ennemie,
Mais, helas ! que deviendrons-nous ;
Si, detestant la Tirannie,
La Vertu s'exile avec vous? |