Rezension von Gotthold Ephraim Lessing zur Philosophie du bon sens , in:
Berlinische privilegierte Zeitung , 68. Stück, vom Donnerstag, dem 6. Junius 1754
La Philosophie du bon-sens ou Reflexions philosophiques sur l'incertitude des connoissances humaines; à l'usage des Cavaliers et du beau sexe; huitième édition, corrigée, augmentée de deux Dissertations morales etc. par Mr. le Marquis d'Argens, en II Tomes. à Dresde 1754 chez G. C. Walther. In 8 vo. 2 Alphb. 20 Bogen.
Dieses ist eine neue Ausgabe eines Buchs, welches man, wie fast alle Schriften des Herrn Marquis d'Argens, mit vieler Begierde gelesen hat. Wenn man die vorhergehenden Ausgaben dagegen stellt, so wird man finden, daß diese, in Betrachtung der vielen jetzt dazugekommenen Vermehrungen und Verbesserungen, kaum als Versuche anzusehen sind. Doch hat der Verfasser bey dieser neuen Umarbeitung seinen alten Plan nirgends aus den Augen gelassen, welcher darinne bestand, daß er vornehmlich Leuten vom Stande nützlich seyn und sie an dem pedantischen Stolze der Halbgelehrten rächen möge. In dieser Absicht sucht er überall zu zeigen, daß alle die Männer, die man als Orakel in den Wissenschaften betrachte, nichts als kühne Ignoranten wären, die sich durch ihre Eitekleit selbst am ersten betrögen, uns sich bloß durch Hülfe einiger unverständlicher Worte gegen die Anfälle der gesunden Vernunft und des natürlichen Lichts vertheidigten. Ein kühnes Unternehmen, in der That; welches aber doch ein merkliches von seinem Sonderbaren dadurch verliert, daß sich der Herr Marquis gleichwohl nichts bessers, als jene Männer, zu seyn dünkt. Sein ganzes Werk theilt sich in sieben Betrachtungen. Die erste Betrachtung handelt von der Ungewißheit der Geschichte; die zweite betrifft die Vernunftlehre; und die dritte handelt von den allgemeinen Gründen der Naturlehre. Diese drey machen der ersten Band aus. Die vierte Betrachtung ist der Metaphysik so wie die fünfte der Sterndeuterey, gewidmet. Aber hat es sich wohl der Mühe verlohnt, diese letztere zu unsern Zeiten zu verschreyen? Die sechste Betrachtung handelt von den Annehmlichkeiten der Gesellschaft, und die siebende von dem glücklichen Leben. Diese zwey hat der Verfasser ganz neu hinzugefügt, und man hat sie als den Inbegriff der ganzen Moral anzusehen, welche zur Volständigkeit seines Werks noch mangelte. Gleichergestalt hat er eine critische Untersuchung der Betrachtungen des Abts von Olivet über die Theologie der griechischen Philsosophen beygefügt, in welcher er mehr Gelehrsamkeit zeigt, als ihm vielleicht mancher möchte zugetraut haben. Kostet in den Voßischen Buchläden hier und in Potsdam 1 Rthlr. 16 Gr. |