Des Herrn Marquis d'Argens königl. Preuß. Kammerherrns ... Kabbalistische Briefe, oder philosophischer, historischer und kritischer Briefwechsel zwischen zween Kabbalisten, verschiedenen Elementargeistern und dem höllischen Astaroth. Aus dem Französischen nach der neuesten Haager Ausgabe übersetzet. Neue Auflage, T. 1 - 2, Leipzig: Jacobäer, 1786.
Neuauflage einer erstmals 1773-1777 in acht Bänden erschienenen deutschen Übersetzung der Lettres caballistiques. Im sechsten Band (Ausg. 1775, S. 1-2) meldet sich der unbekannte Übersetzer zu Wort:
„Ich habe dem Leser weiter nichts in meinem Namen zu sagen, als daß ich ihm ein kleines Entschuldigungs-Compliment wegen etlicher Anmerkungen mache, die ich dem Texte der kabbalistischen Briefe an verschiedenen Stellen dieses sechsten Bandes beygefügt habe. Die Anmerkungen das Duell betreffend, und die Beleuchtung der seltsamen Manier, womit der Verfasser den sogenannten Rencontre entschuldigt, werden hoffentlich niemanden beleidigen, als Leute, die sich nicht das geringste Bedenken machen, ihren Nebenmenschen nicht nur zu beleidigen, sondern ihn wohl gar zu ermorden, um ihrer Beleidigung den Nachdruck zu geben. Ich bekenne, dass ich keinen Respect für Leute empfinden kann, die keinen Respect für die Gesetze und Ordnungen der bürgerlichen Gesellschaft tragen. In einige andern Anmerkungen nehme ich mich der gesunden Vernunft und der deutlichen Aussprüche der göttlichen Offenbarung wider die unglückliche Philosophie an, die seit etwan einem halben Jahrhunderte Mode geworden ist, und die lieber Offenbarung und schlechten [schlichten???] Menschenverstand aus der Welt hinaus vernünfteln möchte. Ich freue mich zwar von Herzen, den philosophirenden Ton in Schriften jeder Art nach und nach überhand nehmen zu sehen; aber ich hasse es, wenn man unbewiesene Sätze als längst ausgemachte Wahrheiten voraussetzt, um widersinnige Schlüsse richtig daraus zu folgern, von denen sich die Prämissen nicht darthun lassen; zumal wenn die Schriftsteller dabey die Mine der Weisheit annehmen. Der Marquis d'Argens war | dann und wann ebenso schwankend in seinen Religions- als in seinen philosophischen Begriffen, ob er wohl im Großen ein sehr gutgesinnter Mann war, und mit seinen angenehm geschriebenen Schriften gewiß eine Menge nützliche Kenntnisse unter Leser gebracht hat, die sie sonst wohl nicht erlangt haben würden; und ich bin auch selbst versichert, dass er es bey manchen Sätzen so böse nicht meynte, wie es diejenigen meynten, von denen er dergleichen Sätze entlehnte, oder die heut zu Tage dergleichen Dinge ununtersucht nachbeten. Daher trifft auch das, was ich in solchen Anmerkungen sage, nicht sowohl ihn, als vielmehr solche, die heut zu Tage, da wir uns so dreist der Aufklärung unsers achtzehnten Jahrhunderts zu berühmen anfangen (mit wie viel Rechte, steht dahin) unbewiesene Dinge als wichtige, durchgängig angenommene Wahrheiten unsers philosophischen Zeitalters dreist voraussetzen, nicht anders, als zweifelte daran kein Mensch von gesundem Verstande. Freye Untersuchung ist die Mutter aller Erkenntniß; für diese eifre ich; und ich hasse die Intoleranz, welche der freien Untersuchung den Weg verrammelt. Ehemals that es der Aberglaube; seit einigen Jahren will uns wiederum der Unglaube das Recht benehmen, dreist zu untersuchen, und dreist demjenigen zu widersprechen, was er unverschämt behauptet, ohne es beweisen zu können. Ich kanns leiden, wenn man mir widerspricht; und wenn solche Herren noch nicht leiden können, dass ihnen widersprochen wird, so mögen sie's leiden lernen. Die bürgerliche Welt widersetzt sich mit Recht den Tyrannen, und die gelehrte Welt verwirft und verachtet mit eben so vielem Rechte die Machtsprüche der Alleinweisen.“ [S. 1-2]