zur UB-Homepage
Compte-rendu de la Correspondance entre Frédéric II et le Marquis d'Argens (1798), dans: Tübingische gelehrte Anzeigen du 21 janvier 1799, p. 49-52.

 

Königsberg.

Correspondance entre Frédéric II & le Marquis d'Argens. Avec les épitres du roi au Marquis. II Tom. Bey Nicolovius.

Briefwechsel zwischen Friedrich II und dem Marquis d'Argens. 1798.

Friedrich der Unsterbliche scheint vom Schiksale zur Demüthigung mancher seiner gekrönten Mitbrüder bestimmt zu seyn, und die Nachwelt wird vielleicht die Worte des römischen Geschichtsschreibers auf ihn anwenden: hanc modestiam, aequitatemque & altitudinem animi, ubi nunc in multis inveneris, quae tunc in uno fuit ? Die menschliche Grösse ist meistens so zwexdeutig, oder doch so abschrökend, dass , wenn sie uns auch Bewunderung abdringt, unser Herz immer dabey unbefriedigt und kalt bleibt. Nur Heinrich IV und Friedrich II zeigen neben ihrer entschiedenen Grösse auch eine so liebenswürdige seite, dass man, bezaubert von dieser letztern, der erstern eine desto freywilligere und richtigere Bewunde- 49|50 rung zollt. Nirgends erscheint jene Liebenswürdigkeit Friedrichs II in einem schönern Glanze, als in seinem Briefwechsel mit seinen Vertrauten, unter welchen bekanntlich d'Argens eine vorzügliche Stelle behauptete. Am Briefwechsel mit Voltaire hatte Friedrichs Herz so wenig Antheil; er verachtete die moralische Nichtswürdigkeit des Dichters von Ferney. Aber am marquis d'Argens glaubte der Philosoph von Sanssouci einen achtungswürdigen treuen Freund gefunden zu haben: daher die trauliche Herzensergiessungen in den an ihn gerichteten Briefen, die den Leser von Gefühl so sehr anziehen, und eine so unverdächtige Schilderung des edlen, zur wärmsten Freundschaft geschaffnen, Herzens des grossen Mannes enthalten. Die meisten Briefe, welche in den vorliegenden 2 Bänden enthalten sind, kennt zwar das Publikum schon aus den gedrukten Werken des Königs; es sind aber hier 59 noch ungedrukte hinzugekommen, welche der ganzen Sammlung eine gewisse Vollständigkeit und einen höhern Werth geben. Dieser breifwechsel umfasst einen zeitraum von beynahe 30 Jahren, nämlich vom Regierungsantritt des Königs bis zum Tode des Marquis 1771. Trotz der Misstöne, welche der grosse Mann unter den schröklichen Stürmen des siebenjährigen Kriegs oft gab, blieben die Ausdrücke seiner Freundschaft gegen den Marquis doch immer gleich rein. Nach diesem Kriege kehrt seine muthwillige Laune in seine Briefe zurük, besonders ward die würkliche oder eingebildete Kränklichkeit d'Argens ein Gegenstand seines oft beissenden Wizes. Ein Meiserstük von dieser Art ist der bisher noch ungedrukte Brief vom ersten Januar 1768. Sehr verschieden ist freylich das Schreiben an den Marquis,

50|51

als dieser letzte Vertraute in eben demselben Jahre seinen Abschied verlangte. Aber der grosse König drükte seine Empfindlichkeit darüber nicht in dem gewöhnlichen orientalischen Stile aus: er äussert sich im Gewirre seiner unangenehmen Empfindungen als Freund und doch auch als König so: „Sicher ist es nicht der Verfasser der Philosophie des Menschenverstandes, der mir heute geschrieben hat: es ist höchsten ein Grillenfänger. – Sie verlangen durchaus und durchweg Ihren Abschied; ich gestehe Ihnen, ich weiß nicht, was Sie wollen. Ich bin Ihnen mit aller Freundschaft begegnet, es ist mir angenehm gewesen, Sie bey mir zu haben. Ich erinnere Sie nicht hieran, um Ihnen Vorwürfe zu machen, sondern damit Sie den wunderlichen Handel überlegen, den Ihre südliche Imagination Sie im 64sten Jahre unternehmen lässt. Ja, ja, die Franzosen übertreffen an Thorheit alles, was ich mir vorgestellt habe. Ehedem wurden sie noch mit 30 Jahren klug; jetzt gibt es für sie gar keinen Termin mehr hierzu. Kurz, mein Herr Marquis, Sie können machen, was Ihnen beliebt; zu den Philosophen muß sie Niemand mehr zählen, und Sie bestärken mich in der Meynung, die ich immer gehabt habe, dass die Fürsten nur in der Welt sind, um Undankbare zu machen.“ – Aber noch von eienr andern Seite verdient diese Briefsammlung, besonders den grossen und kleinen Potentaten der gesammten Christenheit, empfohlen zu werden. In einem Schreiben vom Jahre 1762 sagt der König, die Dichtkunst und alle Theile der Wissenschaften, die den verstand schmüken und aufklären können, sollten die Kinderklapper seines Alters werden. Hierauf folgt die – fast möchte Rec. sagen: apostolische – Stelle: „diese Wissenschaf-

51|52

ten machen den Geist sanft, und mildern das Herbe der Rache, die Härte der Strafen, kurz, alle Strenge, welche souveräne Gewalt mit sich führt, durch eine Mischung von Philosophie und Nachsicht, die sich auch nicht entbehren lässt, wenn man Menschen beherrscht, die nicht vollkommen sind, und - wenn man es selber nicht ist.“

Universitätsbibliothek Trier - D-54286 Trier